Der von der Landesregierung geforderte Einsatz im Homeoffice ist aufgrund fehlender digitaler Möglichkeiten weitesgehend gescheitert
Während Niedersachsen sich nunmehr im zweiten umfangreichen Lockdown befindet und die Landesregierung den dringenden Appell an alle Unternehmer gerichtet hat, alle Beschäftigten in das so genannte Homeoffice zu schicken, mehren sich erneut die Beschwerden über die mangelhafte IT-Ausstattung der niedersächsischen Landesverwaltung. Aus diesem Grund ist in vielen Teilen der niedersächsischen Landesverwaltung ein Arbeiten aus dem Homeoffice heraus nicht möglich, so dass im Ergebnis die Funktionsfähigkeit der Landesverwaltung zunehmend gefährdet ist. Weiter spielt der Dienstherr mit der Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aus Sicht des NBB besteht aktuell eine zunehmende Verletzung der Fürsorgeverpflichtung des öffentlichen Dienstherrn.
So führt der 1. Landesvorsitzende des Niedersächsischen Beamtenbundes und Tarifunion (NBB) dazu aus, dass das Land Niedersachsen in Fragen der digitalen Ausstattung auch auf die zweite Corona-Welle absolut unzureichend vorbereitet ist.
„Derzeit scheitert alles an den internen Strukturen, insbesondere des internen Dienstleisters IT-Niedersachsen“, so Zimbehl dazu. „Die Kolleginnen und Kollegen sollen und wollen ihre Arbeitsplätze ins Homeoffice verlegen, sind dort aber nicht arbeitsfähig weil sie beispielsweise mehr als acht Wochen auf Signaturkarten warten, ihre eigene Technik mit der Landestechnik nicht kompatibel ist oder es spätestens an datenschutzrechtlichen Hürden scheitert, die man längst hätte beheben können bzw. die teilweise nochmals verschärft wurden.“
Dabei moniert der NBB in aller ersten Linie den Umstand, dass seitens des Innenministeriums scheinbar die Zeit nach der ersten Lockdown-Situation komplett verschlafen wurde. Offensichtlich war man froh, dass die Landesverwaltung im Frühjahr dank ihrer hochmotivierten Beschäftigten dafür gesorgt hat, dass Niedersachsen vergleichsweise gut durch die Krise gekommen ist.
Man hat den weiteren Ausbau der Verwaltungsdigitalisierung, insbesondere für den Aspekt Homeoffice, sträflich vernachlässigt.
Dazu der NBB-Landesvorsitzende Alexander Zimbehl: „Es kann doch nicht richtig sein, dass sich Kabinettsmitglieder auf Bundes- und Landesebene bis hin zur Bundeskanzlerin ausdrücklich für die Verlegung ins Homeoffice aussprechen, unsere Beschäftigten dort aber nicht arbeiten können, weil das Land zwingend notwendige Arbeitsmittel nicht zur Verfügung stellen kann.“
Weiter warnt Zimbehl vor weitreichenden Auswirkungen auf die niedersächsische Bevölkerung: „Wenn das niedersächsische Innenministerium und insbesondere IT-Niedersachsen jetzt nicht mit Hochdruck an sofortigen Lösungen arbeiten, dann werden die Bürgerinnen und Bürger, sowie insbesondere die niedersächsische Wirtschaft, die Auswirkungen direkt spüren.“
Als Beispiele nennt Zimbehl dabei nicht zu bearbeitende Steuererklärungen oder Stundungsanträge, sich deutlich verzögernde Antragsverfahren, bis hin zu ausbleibenden Genehmigungsbescheiden, beispielsweise für Bauvorhaben.
Ergänzend weißt Alexander Zimbehl darauf hin, dass im Bildungsbereich die Probleme nahezu deckungsgleich seien. Dabei liegt hier die Verantwortung in erster Linie bei den kommunalen Schulträgern, die in weiten Bereichen eine flächendeckende Ausstattung von Lehrkräften mit IT-Geräten und den jeweiligen Softwaremöglichkeiten ebenso in der erforderlichen Zeit nicht haben umsetzen können.
„Das Land Niedersachsen und damit insbesondere die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, sowie die niedersächsische Wirtschaft, werden in den kommenden Jahren für diese Versäumnisse des Jahres 2020 teuer bezahlen. Niemand hat mit dieser Krise rechnen können, aber dass wir nach fast einem Jahr diese Grundprobleme der niedersächsischen Verwaltungsdigitalisierung nicht in den Griff bekommen haben, ist ein Trauerspiel“, so Zimbehl dazu abschließend.